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Auf neuen Wegen
Von Alexander Sperk
Im Jahr 2009 hat sich das Ehepaar Galler einen großen Wunsch erfüllt und ein Familienweingut in Kirchheim übernommen. Ansgar Galler war lange Kellermeister in Rheinhessen, seit 2009 macht er mit seiner Frau Katja sein eigenes Ding. Seitdem haben sie auf den 11 Hektar des Kirchheimer Weinguts viel verändert. Und natürlich im Keller. Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannten Piwis, pilzwiderstandsfähige Rebsorten. Für Ansgar Galler sind sie ein wichtiger Mosaikstein hin zu einer ökologischen Bewirtschaftung seiner Weinberge. Er müsse deutlich weniger mit Pflanzenschutzmitteln arbeiten, sei weniger mit dem Traktor unterwegs, was die Abgase reduziere und zu weniger Bodenverdichtung führe, skizziert Ansgar Galler einige Vorteile der Piwis.
Fast schon folgerichtig befindet sich das Weingut seit 2015 in der Umstellung auf ökologischen Weinbau und wirtschaftet seit dieser Saison nach den Richtlinien von Bioland. Dass die Piwis bei Weintrinkern und vielen Winzern derzeit noch auf wenig Gegenliebe stoßen, wissen die Gallers. „Manchmal muss man auch gegen den Strom schwimmen“, sagt Ansgar Galler. Und will mit der Qualität seiner Piwis, aber natürlich auch seiner übrigen Weine überzeugen. Der Anteil der Piwis am Rebsorten-Spiegel soll sich um die 50 Prozent einpendeln. Bei allen Weinen verfolgen die Gallers dieselbe Devise: maximale Qualität durch möglichst wenige Eingriffe im Keller. Die Weine sind allesamt spontanvergoren und bekommen viel Zeit auf der Hefe, Schwefel wird sehr sparsam eingesetzt.
Wie konsequent die Gallers diesen Weg gehen, zeigt schon ihr Liter-Riesling, der aus verschiedenen Lagen rund um Kirchheim stammt. Denn selbst bei seinem Basiswein setzt Ansgar Galler auf viel Zeit und Spontangärung statt auf Reinzuchthefen. Resultat: Ein für diese Kategorie ungewöhnlich komplexer Wein, der natürlich die Liter-Riesling-typischen frischen Aromen von Zitrus und Apfel, aber auch viel Pfirsich, Kräuter und eine leichte Brioche-Note besitzt. Mit 6,40 Euro liegt er zwar am oberen Ende der Preisspanne für Liter-Rieslinge, aber angesichts dessen, was man bekommt, ist das Preis-Genuss-Verhältnis herausragend.
Das Mittelsegment bilden bei den Gallers die Cocovinos, Assemblages aus verschiedenen Rebsorten. Der 2015er Cocovino weiß (8,40 Euro ab Hof) ist eine gefällige Assemblage aus Auxerrois, Weißburgunder und Chardonnay. Den Cocovino Rosé 2015 hat Ansgar Geller aus Spätburgunder und Dornfelder gemacht. Herausgekommen ist ein Rosé, der gegen den Strich gebürstet wirkt, Ecken und Kanten hat – zu solchen Rosés greife ich gerne, allerdings bin ich kein klassischer Rosé-Trinker, dem es um einen leichten Genuss auf der Terrasse geht.
Natürlich haben die Kirchheimer auch Klassiker wie Weißburgunder, Chardonnay oder Sauvignon Blanc reinsortig ausgebaut auf der Weinliste. Aber das Herz von Ansgar Geller gehört doch irgendwie seinen Piwis, über die er auch gerne aus dem Nähkästchen plaudert und beispielsweise erzählt, dass diese gut durch das schwierige Jahr 2016 gekommen sind, in dem die Winzer mit Pilzkrankheiten, vor allem dem falschen Mehltau, zu kämpfen hatten. Allerdings habe es natürlich auch bei seinen Piwis Ausfälle gegeben – schließlich seien sie zwar widerstandsfähig gegen Pilzkrankheiten, aber nicht immun, wie er betont.
Zu den Flaggschiffen der Kollektion gehört ein Wein der Rebsorte mit der Bezeichnung „Cal 6-04“ (Jahrgang: 2015, 14,40 Euro ab Hof), der noch ein Name fehlt. Dabei handelt es sich um eine Piwi-Sorte, für die Riesling und Sauvignon Blanc gekreuzt wurden. Der Wein hat den Körper und das Säuregerüst eines Rieslings und die Frische eines Sauvignon Blancs, und dennoch einen sehr eigenen Charakter. Er ist nichts für Riesling-Puristen, hat eine schöne Frucht (Aprikose, exotisches Obst, etwas Stachelbeere) und hinterlässt ein sehr angenehmes Mundgefühl. Der Wein wurde im Edelstahl ausgebaut, einmal filtriert, und auch hier war Ansgar Geller sehr sparsam mit Schwefel.
Bei den Rotweinen hat mir besonders die Fassprobe der Piwi „Caruso“ (Jahrgang: 2015, 12,40 Euro ab Hof, auch hier fehlt noch der Name der Züchtung VB 91-26-29) gut gefallen, die in die Cabernet-Richtung geht und frisch aus dem Fass schon sehr rund gewirkt hat. Es lohnt sich, den Wein im Auge zu halten – wie überhaupt das gesamte Weingut.
Mehr über das Weingut Galler im Internet gibt es hier.
One comment:
Zwischenzeitlich ergab sich in der Pfalz gute Gelegenheit, hervorragende Weine zu kosten. Ein Tripp aus lauter Freude am Genuss.
Am dritten November-Wochenende sind Katja und Ansgar Galler zu
Gast auf dem Harvesterhof bei Limburg und werden neben den Vorjahres-
weinen ihre Premiumweine aus diesem Jahr vorstellen. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf Merlot und Pinotin, sowie Dornfelder und Spätburgunder. Besucht einfach mal die gelungene Web-Vorstellung der beiden.
Die neue Cocovino-Serie der Bioland-Weine schnitt schon als Anwärter aus dem Jahr 2015 mit 92 von 100 PAR-Punkten ab. Der California 6-04 sogar mit 95 Punkte. Diese Auszeichnungen machen sie in Europa zu Spitzenweinen von markanter Ausdruckstärke und volumenreicher Reintönigkeit – kurz: Einmalig!
Genau so sollten Weine angebaut, gekelltert, verkostet werden. Familie Galler imponiert mit und begeistert aus voller Leidenschaft.