Von Alexander Sperk
Es soll ja noch immer Leute geben, die die Sache mit den Weingläsern für elitären Hokospokus halten. Dass es beim Weintrinken aber auch auf das richtige Glas ankommt, diese Erfahrung machen wir zumindest immer dann, wenn wir in Urlaub fahren. Denn dieser führt uns seit ein paar Jahren in Ferienwohnungen, wobei wir jeweils auf gehobene Ausstattung und genügend Platz achten. Liegt die Ferienwohnung nicht, natürlich rein zufällig, in einem Weinanbaugebiet, fehlt meistens trotzdem ein entscheidendes Detail – die Weingläser im Schrank.
So auch bei unserem letzten Urlaub auf einem tollen Bauernhof im Bayrischen Wald. Das ist natürlich Biertrinker-Terrain und entsprechend gab es auch Biergläser in verschiedenen Variationen in unserer Küche – aber eben keine Gläser für Wein. Also haben wir sonntags nicht zuletzt aus Neugierde unsere mitgebrachten Pfälzer Weine aus Wassergläsern getrunken. An einem einzigen Abend, und das nur, weil sonntags die Geschäft zu haben.
Denn sowohl dem 2016er Saumagen-Kabinett der Kallstadter Winzergenossenschaft, den wir daheim noch offen und in diesem Zustand die knapp 400 Kilometer an die tschechische Grenze transportiert hatten, als auch dem Spätburgunder des Deidesheimer Winzervereins aus dem Holzfass, fehlte aus dem falschen Glas einfach etwas. Beide Weine wirkten flach und wenig filigran. Dabei kosten sie zwar nicht die Welt – der Riesling um die 6 Euro, der Spätburgunder 7,50 Euro – sind aber sehr feine, sortentypische Weine. Über den Saumagen-Riesling der Kallstadter haben wir auf dem Pfälzer Weinblog schon geschrieben, der Pinot wird bald einen eigenen Eintrag bekommen. Montags haben wir vor Ort einen Satz Allround-Gläser gekauft, die zwar auch nicht perfekt sind, aber viel besser als die Wassergläser.
Weinglas: Form und Dicke der Wände entscheidend
Das hat mehrere Gründe: die Wand der Weingläser ist wesentlich dünner als die von Wassergläsern, was die Temperatur des Weins anders als dickwandige Gläser kaum beeinflusst. Wegen der speziellen Form der Weingläser und der damit verbundenen größeren Oberfläche können sich die Aromen besser entfalten, was vor allem für die bauchigen Rotweingläser gilt. Weingläser haben – anders als unsere Wassergläser im Urlaub – einen Stil, damit sich der Wein nicht durch unsere Hände erwärmt. Nicht zuletzt bestimmt die Form des Glases, wie wir Lippen und Zunge beim Trinken einsetzen, was darüber entscheidet, mit welchen Regionen der Zunge der Wein vor allem in Kontakt kommt. Manche Weißweingläser haben daher auch einen leicht nach außen gewölbten Rand, um sicherzustellen, dass etwa Riesling zuerst mit der Zungenspitze in Kontakt kommt. Das alles haben unsere Wassergläser nicht. Daher gehen wir das nächste Mal nicht mehr ohne Weinglas im Gepäck in Urlaub – egal, wie voll der Kofferraum schon ist.