Nicht nur Weißwein passt zu Fisch
Daniela Papst betreibt die Website „Weintrends.com“, auf der ein kostenloses E-Book zum Thema Wein zum Download bereit steht. Für den Pfaelzer Weinblog hat sie sich Gedanken zum Thema Wein und Meeresfrüchten gemacht.
Der zu einem schönen Essen kredenzte Wein ist nur dann gut gewählt, wenn er den Genuss abrundet. Bei Fisch ist das nicht immer einfach, da sein Geschmack gleichzeitig eigen und doch zart bis annähernd neutral ist. Die lange Zeit strikt befolgte Regel, dass nur Weißweine zu ihm passen, ist jedoch inzwischen überholt. Im vielfältigen Weinangebot finden Sie auch Rosé- und Rotweine, die auf das Beste mit Gerichten aus Fisch und Meeresfrüchten harmonieren.
Auf die Zubereitung kommt es an
Der Wein darf das Gericht geschmacklich nicht dominieren. Zu gekochten und gedünsteten Gerichten sowie zu Salaten aus Meeresfrüchten sind aus diesem Grund Chardonnay, Weißburgunder und Silvaner optimal. Auch ein fruchtiger Rosé ist eine gute Kombination. Ist der Fisch stark gewürzt oder gegrillt, darf der Wein kräftiger im Geschmack und deshalb auch rot sein. Ob Sie dazu einen Pinot Noir oder Grenache kaufen, hängt allein von Ihren persönlichen Vorlieben ab. Achten Sie jedoch unbedingt darauf, dass er nicht tanninreich ist, da diese Sorten nicht mit Fischgerichten harmonieren.
Sushi, Thunfisch und Fischsuppe
Zu rohem Fisch und rohen Meeresfrüchten, wie Sushi und Austern, ist Weißwein ein Muss. Champagner, Prosecco, ein zarter Sauvignon Blanc und vergleichbare Sorten sind die perfekte Kombination. Eine gute Wahl zu Thunfisch, besonders bei einer pikanten und kräftig gewürzten Zubereitung, sind Rotweine, beispielsweise ein leichter Spätburgunder. Zu Fischsuppen passen Rosé aus der Provence und trockene Weißweine. Wichtig: Jede Regel hat Ausnahmen. Das gilt auch bei Wein zu Fisch, darauf weist weintrend.com hin. Zu Matjes und Rollmops sowie Vorspeisen aus stark gesalzenen Sardellen sind Weine tabu.
Elwenfels – ein echter Pfälzer Wein-Krimi
Geschrieben von Mundschenk
Meinen letzten Krimi habe ich wahrscheinlich vor 5 oder 10 Jahren gelesen. Jedes Buch mit mehr als 300 Seiten schreckt mich ab. Aber wer Chako Habekost einmal über dieses Buch sprechen hörte, der muss es einfach lesen.
Das Buch ist ein Gemeinschaftswerk von Britta und Chako Habekost. Es wirkt jedoch trotzdem aus einem Guss. An einigen Stellen war ich mir zwar sicher, dass der Kabarettist Chako klar zu erkennen ist. Aber dies macht es gerade so lesenswert.
Die Geschichte spielt in Elwenfels, einem fiktiven Ort in der Nähe von Wachenheim. Carlos Herb, ein Hamburger Privatdetektiv, ermittelt an der Weinstraße. Sehr schnell freundet er sich mit den Pfälzer Eigenheiten an und wird im Laufe seiner Ermittlungen fast ein echter Pfälzer. Natürlich gibt es auch Tote beziehungsweise verschwundene Personen, um welche sich der Ermittler kümmern muss. Die Besonderheit des Buches liegt jedoch in der Anschaulichkeit der Beschreibung der Lebensphilosophie in der Pfalz. Der Leser findet sich sofort in einer Welt von entspannten Pfälzern, die das Leben genießen und die Welt nicht so ernst nehmen. Nach wenigen Seiten versteht man, warum es für die Bewohner keine Alternative zur dörflichen Gemeinschaft gibt.
Im Mittelpunkt steht auch der Pfälzer Wein. Der „Nicht-Pfälzer“ Leser lernt, dass Riesling-Schorle aus dem Dubbe-Glas nicht nur ein Getränk, sondern eine Lebenseinstellung ist. Der Zauberwein, der im zweiten Teil des Buches eine Hauptrolle spielt, verkörpert die außergewöhnlichen Weißweine der Pfalz, die zu den weltweiten Besonderheiten zählen.
Ähnlich bedeutend ist die lokale Wein-Philosophie, die sich durch das ganze Buch zieht. Für Details muss man natürlich das Buch lesen.
Die Beschreibung der Charaktere und des Umfelds ist sehr präzise und bildhaft. Man ist sofort in der Geschichte und will nicht mehr davon weg. An einigen Stellen fragt sich der Leser, ob es sich nun um Fiktion oder Wirklichkeit handelt. Aber dies macht die Handlung gerade spannend. Der folgende Satz aus dem Buch beschreibt dies sehr genau: „Realität ist eine Illusion, die durch den Mangel an Wein entsteht.“
Eine Verfilmung wird wahrscheinlich anspruchsvoll, aber wäre aus meiner Sicht sehr spannend. Zuvor freue ich mich aber auf eine Fortsetzung in Buchform.
Loblied aufs Land
Von Alexander Sperk
„Das Glück braucht tiefe Wurzeln“ – was wie ein leicht esoterisch angehauchter Ratgeber für alle Lebenslagen klingt, ist die Lebensgeschichte von Achim Reis, einem renommierten Winzer aus Briedel an der Mosel. Reis schildert darin, wie er sein persönliches Lebensglück fand – nicht in seiner temporären Traumstadt Berlin, sondern in seiner weniger als 1000 Einwohner zählenden Heimatgemeinde in der Provinz.Obwohl Reis aus einer Winzerfamilie stammt, hatte er eigentlich ganz andere Pläne als das elterliche Weingut zu übernehmen. Er interessiert sich als Jugendlicher nicht besonders für den Beruf seines Vaters, studiert nach dem Abitur auf Lehramt, unterrichtet, zieht in eine WG in der Nähe seines Heimatorts, wo er zusammen mit seiner späteren Frau lebt. Dann entschließen sich die beiden, ihren gemeinsamen Traum von der Großstadt zu verwirklichen und gehen nach Berlin.
Während seine Frau dort blendend Fuß fasst, eine Kindertagesstätte aufbaut und sich als Künstlerin einen Namen macht, bekommt Reis das Dasein als Hausmann nicht. Er langweilt sich, will nicht unterrichten, scheitert aber mit seiner Idee, hochwertige Boxen für Hi-Fi-Anlagen zu bauen und übers Internet zu verkaufen. Als sich sein Vater verletzt und monatelang nicht in den Weinbergen arbeiten kann, pendelt Reis zwischen Briedel und Berlin. In dieser Zeit reift sein Entschluss zurückzukehren – ein Mord in der Berliner Nachbarschaft überzeugt schließlich auch seine Frau.
Achim Reis wirkt auf den mehr als 200 Seiten zwar immer ehrlich, aber nicht immer sympathisch. Während seiner Sinnkrise in Berlin lässt er seine voll berufstätige Frau mit zwei kleinen Kindern hängen, als Jugendlicher pflügt er betrunken und ohne Führerschein mit dem Auto seiner Schwester durch einen Weinberg. Seine flott erzählte Lebensgeschichte bildet den Rahmen für tiefe und spannende Einblicke in den Alltag eines Winzers. Der Leser erfährt, dass der Weinmarkt durch große Kellereien und starke Konkurrenz aus Übersee hart umkämpft ist, der Wein oftmals vom Kulturgut zum gesichtslosen Industrieprodukt degradiert wird.
Reis’ Antwort auf den unerbittlichen Preisdruck lautet: Klasse statt Masse. Doch als er sich entscheidet, den Ertrag gezielt zu reduzieren, um die Qualität zu steigern, kommt es zum Streit mit seinem Vater. Ihm gelingt schließlich der Spagat, mit der neuen Philosophie Kunden zu gewinnen, ohne seine angestammten Weinkäufer zu verprellen.
Die eigenen Aufgaben immer noch ein bisschen besser erledigen zu wollen, so könnte eine Lehre aus dem Buch sein, zahlt sich aus. Die andere, vielfach wiederholte Botschaft betont die Wichtigkeit der richtigen Arbeit für die persönliche Zufriedenheit. Manchmal wird das Buch dann doch zum Lebensratgeber – wenn auch zu keinem esoterisch angehauchten.
Buch-Info: „Das Glück braucht tiefe Wurzeln.Wie ich durch meinWeingut zum guten Leben fand“ ist im Ullstein-Verlag erschienen, hat 251 Seiten und kostet 18 Euro.
Muskateller zum Spargel und ein Mußbacher Geheimtipp
Von Alexander Sperk
“Ein Geschenk der Natur, für seine Bewohner – ein wahres Paradies.” Oder: “Der Herrgott könnte ein Pfälzer sein.” Ich kann mich gerade nicht entscheiden, welchen Satz ich treffender finde. Beide stammen aus dem Buch “Deutscher Wein. Deutsche Küche” von der Sommelière Paula Bosch und dem prominenten Koch Tim Raue und stehen im Kurzportrait des Weinbaugebiets Pfalz. Natürlich stellt Paula Bosch noch die anderen 12 deutschen Anbaugebiete vor, und natürlich finden sich unter den empfohlenen viele Weine der großen Namen des deutschen Weinbaus, die sich im VDP organisiert haben.
Dennoch ist es ein besonderes Buch, weil es deutschen Wein mit deutscher Küche zusammenbringt – wobei letztere angesichts eines Gerichts wie Coq au Vin, das ich aber unbedingt nachkochen möchte, weit gefasst ist. Obwohl ich selber ganz gerne am Herd stehe und kein grober Anfänger bin, ist so manches der 50 Gerichte, die der Berliner Koch Tim Raue im letzten Drittel des Buchs vorstellt, nicht so ohne weiteres nachzukochen. Wer beispielsweise den einfach klingenden Klassiker Handkäse mit Musik à la Tim Raue zubereiten möchte, der sollte außer viel Zeit auch viel Küchenhandwerk und eine gute Ausrüstung mitbringen.
Überhaupt versteht es Raue, scheinbar einfache Speisen wie Kopfsalat, Hühnersuppe oder Pellkartoffeln mit geräucherter Butter in delikate Gerichte zu verwandeln. Zu jedem Gericht gibt es einen Weintipp aus Deutschland von Sommelière Paula Bosch. Dieser kann mitunter mutig ausfallen: So empfiehlt sie zum Spargel den Muskateller des Siebeldinger Weinguts Öknomierat Rebholz. Auch wenn ich nicht weiß, ob wir den nächsten Spargel nach Raues Rezept machen werden: einen Muskateller werden wir dazu auf jeden Fall trinken! Auf diese Weise bietet das Buch einen praktischen Zugang zum spannenden Thema, welcher Wein zu welcher Speise passt.
A propos Wein: Paula Bosch stellt vor allem Weine von VDP-Weingütern vor, die Weinbeschreibungen sind nachvollziehbar und lebendig geschrieben. Aus der Pfalz ist das Mußbacher Weingut Völcker der einzige Geheimtipp, ansonsten beschäftigt sich Paula Bosch mit vielen der üblichen Verdächtigen: von Philipp Kuhn und dem Weingut Knipser im Norden über Acham-Magin, von Winning und Christmann an der Mittelhaardt bis hin zu Rebholz und Friedrich Becker im Süden ist das “Who is who” des Pfälzer Weinbaus vertreten, auch wenn der eine oder andere große Name wie beispielsweise Bürklin-Wolf fehlt. Bei den Völckers, die es geschafft haben, in die Phalanx der großen Namen einzubrechen, haben es Bosch neben einem “sagenhaften” Müller-Thurgau und einem Weißburgunder vor allem die Rotweine angetan. Die Weinbeschreibungen regen zu einem Besuch in Mußbach an!
Schön und grafisch toll umgesetzt sind die Beschreibungen der Rebsorten, die auf die Portraits der Anbaugebiete, der Winzer und der Vorstellung der Weine folgen. Kurz und prägnant werden die Rebsorten charakterisiert, auch eine Auswahl an Speisen, die zu Weinen der jeweiligen Rebsorte passen, nennen Paula Bosch und Tim Raue. Chic ist die “Tag-Cloud” mit verschiedenen Begriffen rund um die vorgestellte Rebsorte wie sensorische Eindrücke oder führende deutsche Anbaugebiete.
Chic in dem sehr ansprechend gestalteten und sehr hochwertigen Buch sind auch die Fotos, für die neben weiteren Fotografen auch der Bockenheimer Fotograf und Winzer Andreas Durst verantwortlich zeichnete. Was den Lesespaß für mich allerdings geschmälert hat, war eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl an Flüchtigkeitsfehlern – ein echter Wermutstropfen in einem ansonsten schön gemachten Buch.
Buch-Info: “Deutscher Wein. Deutsche Küche” ist im Callwey-Verlag erschienen, der uns ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat, und kostet 39,95 Euro. Es kann auch direkt beim Verlag bestellt werden.
Edit am 14. Dezember 2015: Mittlerweile hat der Verlag eine zweite Auflage veröffentlicht, in der die Tippfehler korrigiert wurden.
Weinwissen im Westentaschenformat
Von Alexander Sperk
Vielleicht habe ich ja Glück, dass ich in meinem Job auch mal ungestraft über die ölige Note eines gereiften Rieslings nörgeln darf, wenn das Gespräch auf diesen oder jenen Wein kommt. Für viele „echte“ Weinkenner wäre so etwas wohl ein Graus. Berufliche Nachteile hatte ich trotzdem noch nicht – auch ohne das Buch „Weinwissen kompakt. Fit für Beruf und Karriere“.
Wie es Autor Wolfgang Staudt mit überreifen Weinen hält, ist nicht überliefert. Das kleine, handliche Buch hätte den Aufhänger Beruf und Karriere eigentlich nicht gebraucht. Aber vielleicht verkauft es sich so besser. Autor und Verlag wäre es zu wünschen, denn das Buch ist wirklich gut. Schon der Klappentext macht es durch Sätze wie „Weingenuss verlangt kein spezielles Wissen“ sympathisch. Auf den knapp 130 Seiten ermutigt der Autor den Leser immer wieder, seinem eigenen Geschmackssinn zu vertrauen. So beispielsweise, wenn es im ersten von vier großen Abschnitten um die „Basics für ein besseres Weinverständnis“ geht.
Natürlich schadet es nicht, seine Sinne zu schärfen, wenn man ein Glas Wein trinkt. Sei es, um mitreden zu können, aus Interesse oder einfach, um bewusster genießen zu können. Sehr nützlich – auch für den weinaffinen Leser – ist in diesem Zusammenhang eine große Tabelle in dem Buch, in der verschiedenen Sinneseindrücken mögliche Interpretationen zugeordnet werden.
Im zweiten Abschnitt „Praktische Weinkompetenz“ findet sich mit der Kombinierbarkeit von Wein und Speisen unter anderem ein Klassiker. Im dritten Abschnitt „Kommunikative Weinkompetenz“ greift Staudt mögliche Gesprächsthemen zum Thema Wein ebenso auf wie populäre Irrtümer oder das Thema Angeberwissen, das sich mehr oder weniger leicht entlarven lässt. Hier zeigt sich der Autor auf der Höhe der Zeit, wenn er beispielsweise kurz und fundiert erklärt, was es mit Orange Wines, Terroir- oder Spontiweinen auf sich hat. Überhaupt ist die Sprache leicht verständlich und präzise, die Abschnitte sind wohltuend kurz gehalten und prägnant formuliert. Im Laufe der knapp 130 Seiten werden fast alle relevanten Begriffe rund um das Thema Wein erklärt. Das Büchlein ist fast so etwas wie ein Nachschlagewerk im Westentaschenformat. Es lohnt sich für Einsteiger, aber auch Fortgeschrittene können noch etwas mitnehmen – mit oder ohne den Hintergedanken, beim Geschäftspartner oder dem Chef glänzen zu können, wenn es mal wieder um reife Rieslinge geht.
Lesezeichen: „Weinwissen kompakt. Fit für Beruf und Karriere“, Westend-Verlag, 2014, 9,99 Euro.
Vom Gourmet-Tempel bis zur Weinstube: der neue Espresso
Geschrieben von Kellermeister
Wer guten Wein mag, der mag auch gutes Essen – das hat sich wohl die Redaktion des Gastro-Guides Espresso gedacht, als sie mich gefragt hat, ob ich für Vorschläge für die 18. Ausgabe des Magazins hätte und diese auch testen wolle. Schließlich habe ich mich entschieden, das „Halbstück“ in Bissersheim und das „Fumi“ in Deidesheim für den Espresso zu besuchen und mich mit Artikeln über diese beiden sehr interessanten Adressen in dem Heft zu verewigen. Natürlich ging es bei meinen Besuchen nicht nur um das Essen, sondern auch um den Wein: Das „Halbstück“ ist der Gutssauschank des Laumersheimer Weinguts Knipser, das „Fumi“ gehört zum Weingut Biffar. Von beiden Restaurantbesuchen habe ich auch Weinempfehlungen mitgebracht: den „Halbstück“ aus dem „Halbstück“, einen Riesling der Lage „Deidesheimer Herrgottsacker“ aus dem „Fumi“. Beide Restaurants finden sich in der Espresso-Hotlist 2015 der Top 100, das „Fumi“ in der Rubrik „Asien“, das Halbstück im Kapitel „Weinreich“. Das Heft ist in 13 solcher Kategorien untergliedert. Auf rund 200 Seiten bietet der Espresso mehr als 400 Empfehlungen und angesagte Adressen in Mannheim, Heidelberg oder der Pfalz. Vorgestellt werden in kurzen, teilweisen mit schönen Fotos illustrierten Texten Gourmet-Restaurants wie der Ketschauer Hof in Deidesheim oder der die Krone in Hayna ebenso wie Bistros oder Cafés in der Rhein-Neckar-Region. Wer Pfälzer Weinstuben mag, wird ebenfalls fündig. Im Mittelpunkt steht dieses Mal vor allem die kreative Küche. Persönlich sehr gefreut hat mich der schöne Beitrag über das Hofgut in Ruppertsberg, in dem Küchenchef Jean-Philippe Aiguier es versteht, mit saisonalen und regionalen Produkten kreative Gerichte auf den Tisch zu bringen. Der neue Espresso 2015 ist seit, Dienstag, 25. November, überall zum Preis von 11,90 Euro erhältlich, wo es Bücher und Zeitschriften gibt. Im Internet kann man ihn versandkostenfrei hier bestellen.
Geballtes Weinwissen auf knapp 400 Seiten
Geschrieben von Kellermeister
Und wieder ein Weinbuch mit ambitioniertem Titel: „Die 100 besten Weine der Welt“ heißt es, und geschrieben hat es Weinexperte Wolfgang Staudt. Nur 100 Weine? Ob einer aus der Pfalz zu dem extrem erlesenen Kreis zählt, frage ich mich, als ich das Buch zum ersten Mal in die Hand nehme. Vielleicht ein Riesling aus dem Hause von Winning oder ein Pinot von Friedrich Becker? Beim Überfliegen des Inhaltsverzeichnisses dann aber fast schon ein bisschen Erleichterung. Das mit den 100 Weinen hat Wolfgang Staudt zum Glück nicht wörtlich genommen. Stattdessen arbeitet er 100 Weinregionen ab, aus denen er jeweils bestimmte Weine (meist einer Rebsorte) sowie mehrere Weingüter empfiehlt. Zu den 100 besten Weinen zählt für ihn beispielsweise der Rhein-Riesling: Hier fasst er Rieslinge der Anbaugebiete Rheingau, Rheinhessen, Nahe, der Pfalz sowie Mittelrhein und Hessischer Bergstraße zusammen. Außerdem empfiehlt er nicht konkrete Weine, sondern nennt besonders empfehlenswerte Erzeuger aus den Regionen. So werden aus 100 Weinen schnell 1000 und mehr, zumal Staudt sich nicht auf Deutschland oder Europa beschränkt, sondern alle bedeutenden Weinregionen der Welt streift. Mag es denjenigen, der nach einer ultimativen Bestenliste sucht, enttäuschen: Ich finde dieses Vorgehen elegant, zumal es dem Autor eine sinnvolle Gliederung ermöglicht.
Staudt unternimmt so unter dem Strich eine Rundreise durch alle bedeutenden Anbaugebiete der Welt. Fast im Vorbeigehen stellt der Autor die wichtigsten Rebsorten vor, geht auf den Einfluss von Klima auf den Weinbau ein oder behandelt Besonderheiten im Ausbau oder die Arbeit im Keller. Dabei gelingt es ihm, die manchmal doch recht anspruchsvollen Inhalte rund um das Thema Wein anschaulich und verständlich zu vermitteln. Die Sprache ist nüchtern, aber nicht zu technisch. Sehr hilfreich sind ein Glossar, in dem Fachbegriffe aus der Weinwelt erklärt werden, sowie ein Überblick über die wichtigsten Weinaromen.
Als Wermutstropfen entpuppt sich allerdings der nahezu komplette Verzicht auf Fotos und der sehr sparsame Einsatz graphischer Elemente: Aus meinem Job weiß ich zwar, dass es Leser gibt, für die jedes Bild Platzverschwendung ist. Allerdings gehöre ich nicht zu solchen Puristen. Das Auge isst eben mit, und schöne Fotos oder informative Grafiken können durchaus zusätzliche Leseanreize setzen. Positiv sind dagegen die Kompaktheit der Kapitel und die übersichtliche Gliederung, die es dem Leser ermöglichen, sich das herauszupicken, was ihn gerade interessiert.
Weine und Winzer aus der Pfalz sind auf den knapp 400 Seiten gut vertreten: Wenig überraschend, dass sie in der Rubrik „Rheinriesling“ auftauchen. Staudt empfiehlt hier die Weingüter Bürklin-Wolf, Buhl, Bassermann, von Winning, Christmann, Faubel, Mosbacher, Knipser, Kuhn, Rebholz, Köhler-Ruprecht und Minges. Doch auch bei den Frühburgundern („Deutscher Frühburgunder: Rar, aber wertvoll“) nennt der Autor mit Philipp Kuhn, Heinz Pfaffmann, Ludi Neiss und dem Weingut Wilker Vertreter aus der Pfalz. Zudem kommt Pfälzer Winzern (neben denen aus Württemberg) laut Staudt in Sachen rote Cuvées in Deutschland eine Vorreiterrolle zu. Etwas ausführlicher behandelt er hier die „Cuvée X“ der Knipsers sowie die Weinkreationen von Markus Schneider. Als empfehlenswerte Vertreter nennt er außerdem die Weingüter Hensel, Kirchner, Oberhofer, wieder Kuhn, Egon Schmitt sowie Immengarten Hof.
Der Captain und die Pfalz
Geschrieben von Kellermeister
Wer im Internet nach Weintipps stöbert oder sich über das Thema informieren möchte, der lernt früher oder später Captain Cork kennen – so jedenfalls ging es mir. Bevor sich der Captain alias Manfred Klimek Ende Januar von der Webseite (aber hoffentlich nicht aus dem Web) verabschiedet hat, habe ich noch schnell sein Buch gelesen, das er gemeinsam mit „Linkslotse“ Manfred Balcerowiak geschrieben hat und das seit Herbst 2013 für knapp 20 Euro im Handel ist.
Das „ultimativ andere Weinbuch“, wie der Untertitel verspricht, ist es vielleicht nicht geworden. Aber wahrscheinlich ist es das beste Weinbuch bei uns daheim im Regal. Warum? Weil Klimek und Balcerowiak dem Leser viel Wissenswertes zum Thema Wein präsentieren, pointiert geschrieben und mit tollen Fotos illustriert. Kompetent vermittelte Informationen zu Weinen und Winzern, aber auch gute Unterhaltung – so lautete schon das Erfolgsrezept der Webseite. Deswegen war Captain Cork im Netz für mich die erste Adresse zum Thema Wein im Internet. Das Buch knüpft auf mehr als 200 Seiten daran an, auch wenn es deutlich weniger provokant ist als so manches, was in den vergangenen Jahren auf der Webseite gelandet ist.
Zu Klimeks Lieblingsfeinden zählen in der virtuellen wie der gedruckten Welt Weinpunkte-Guru Robert Parker und seine Tester. Sein General-Vorwurf: Parker und seine Leute favorisieren „alkoholreiche und tanninträchtige Muskelprotze“, die im kleinen Eichenholzfass ausgebaut werden. Andere, seltene Weine und autochthone Reben gingen durch diese von Parker und wenigen weiteren Testern, großen Produzenten und Weinjournalisten verordnete Uniformität verloren. Klimek und Balcerowiak versprechen im Buch dagegen, „Inseln anzusteuern, wo man bekömmliche alltagstaugliche Weine keltert, Weine, die Persönlichkeit und Seele haben“.
Mit dieser Karte im Gepäck stechen die beiden Weinkenner in See und nehmen den Leser mit auf große Fahrt in die besten Weinregionen der Welt. Offenbar ein lohnendes Ziel: die Pfalz. Klimek und Balcerowiak bezeichnen die Region als „das stille Reservoir“ des deutschen Weinbaus. Böden und Klima machten große Terroirweine möglich. Zu den Winzern, die das zu nutzen wissen, zählen die beiden Autoren neben den großen Namen wie Becker (Schweigen), Bürklin-Wolf (Wachenheim), Bassermann-Jordan (Deidesheim), Christmann (Gimmeldingen) oder Rebholz (Siebeldingen) auch Talente wie Daniel Aßmuth (Bad Dürkheim) und Lukas Krauß (Lambsheim). Der Önologe des Deidesheimer Weinguts Von Winning, Stephan Attmann, gehört für die beiden Weinkenner sogar zu den Topwinzern der Welt, denen ein Extra-Kapitel gewidmet ist. Zu Attmann heißt es dort schlicht: „Er hat den deutschen Riesling tatsächlich neu erfunden.“
Geschenkt, dass kaum jemand das Glück gehabt haben dürfte, als erstes „richtiges“ Glas Wein einen Riesling von Johann Josef Prüm (Mosel) oder den Merlot Reserve des Laumersheimers Philipp Kuhn getrunken zu haben, wie es die beiden Experten in dem gleichnamigen Kapitel empfehlen.
Als wahrer Schatz entpuppt sich der ansprechend gestaltete „Jahrgangsführer des Captain“, in dem die Jahrgänge vieler Weinregionen seit der Jahrtausendwende aufgeführt und klassifiziert wurden. Vom Prädikat ungenießbar blieben die Pfälzer Jahrgänge seit dem Jahr 2000 dabei übrigens verschont – anders als zahlreiche andere Weinbauregionen.
Von der Idee zum Wein
„Jeder große Wein entsteht zuerst im Kopf des Winzers“ – diese Leitidee steckt hinter dem Buch „Die Avantgarde der deutschen Winzer“. Geschrieben haben es der Wirtschaftswissenschaftler und Spezialist für nachhaltige Unternehmensführung, Ulrich Steger, und Weinexperte Kai Wagner, langjähriger Autor des Slow-Food-Magazins. Entsprechend der Leitidee wagen die Autoren auf mehr als 200 Seiten einen interessanten Versuch: Sie portraitieren 46 Winzer, die in ihren Augen „Slow Wine“ erzeugen, und versuchen dem Leser in den angenehm kurz gehaltenen Beiträgen ebenso ein Bild von der Persönlichkeit der Winzer zu vermitteln wie Einblick in ihre Weinphilosophie zu geben. Mitunter kommen noch Beschreibungen der Lagen, des Terroirs oder sonstiger Besonderheiten hinzu.
Wobei zunächst zu klären ist, was sich der Leser überhaupt unter Slow Wine vorzustellen hat. Ok, Slow Food ist mir ein Begriff, aber Slow Wine? Die Autoren verstehen darunter „handwerklich hergestellten, kulturell geprägten Wein, in dem man den Jahrgang, die Rebsorte und den Boden schmecken kann“, heißt es dazu im Klappentext. Es liegt fast auf der Hand, dass die vorgestellten Winzer nach ökologischen Grundsätzen arbeiten. Dennoch gibt es in Deutschland deutlich mehr als 46 Weinmacher, auf die die oben genannten Kriterien zutreffen. Die Autoren schätzen, dass ihre Zahl irgendwo zwischen 250 und 500 liegt. Dass man die nicht alle auf rund 200 Seiten vorstellen kann, ist verständlich. Die getroffene Auswahl sei insofern repräsentativ, als dass sie nach Anbaugebiet, Größe des Betriebs, Alter der Winzer und Bandbreite der ökologischen Arbeitsweisen und Weinstilen getroffen wurde, versichern die Autoren.
Aus der Pfalz sind die Weingüter Christmann (Gimmeldingen) und Rebholz (Siebeldingen) – beide in der Rubrik „Mentoren der Bewegung“ – sowie das Weingut Theo Minges (Flemlingen, Rubrik: „Auf dem Weg nach ganz oben“) und das Weingut Jürgen Leiner (Ilbesheim, „Die Unorthodoxen heute“) dabei. Auch große Namen des deutschen Weinbaus aus anderen Anbaugebieten wie das Weingut Prüm (Mosel) oder St. Antony (Rheinhessen) sind in dem Buch vertreten. Was mich ein wenig gewundert hat, ist, dass das Weingut Bürklin-Wolf, ein Pionier des ökologischen Weinbaus aus Wachenheim (Pfalz), fehlt.
Obwohl die Autoren betonen, bewusst keinen Weinführer geschrieben zu haben, geben sie zu jedem portraitierten Winzer einen Tipp, welcher Wein sich aus ihrer Sicht besonders lohnt. Diese seien für die Pfälzer Vertreter an dieser Stelle verraten: Vom Weingut Christmann empfehlen die Autoren den 2011er Königsbacher Ölberg Riesling trocken („traditionell und handwerklich gefertigter, extrem präziser Lagenwein: spontan vergoren, im Holzfass ausgebaut, sehr trocken“), vom Ökonomierat Rebholz den 2011er Albersweiler Latt Gewürztraminer Spätlese („Aromen von Rose, eingemachten, recht süßen Früchten, Zimt, Sandelholz, feine, fast schwebende Mineralik (…) geradezu tänzelnd mineralischer Abgang“), vom Weingut Theo Minges den 2010er Froschkönig Spätlese trocken („Er wirkt wie ein Wein aus einer anderen Zeit, eine vornehm dezente Schönheit. Aristokratisch im besten Sinne. Braucht Zeit!“) und vom Weingut Jürgen Leiner den 2011er Kalmit Weißer Burgunder trocken („… ein Kraftpaket, das langsame Annäherung erfordert. Sehr späte Lese, geringe Erträge, lange Maischestandzeit, Spontangärung, langer Ausbau im Halbstückfass haben dieses Meisterwerk geformt.“)
Für wen lohnt sich die Lektüre dieses Buchs aber nun? Auf jeden Fall für alle, die sich für Wein und die Persönlichkeiten, die hinter ihm stecken, interessieren. Die durchaus ambitionierte Aufgabe, sowohl die Weinmacher zu portraitieren als auch auf die Besonderheiten wie Lagen, Terroir oder Arbeit im Keller einzugehen, lösen die Autoren gut. Dabei kratzen sie nicht nur an der Oberfläche, sondern tauchen teilweise recht tief in die Materie Weinbau ein, was allerdings dazu führt, dass die eine oder andere Passage wegen zuviel Fachvokabulars sprachlich etwas sperrig daherkommt. Einsteigern wird mit einem Glossar geholfen, das grundlegende und weniger grundlegende Begriffe rund um den Weinbau erläutert. Und sowohl Fortgeschrittene als auch Experten werden in dem Buch noch das eine oder andere Wissenswerte rund um Weine und Winzer erfahren. Mein Fazit: Eine spannende Herangehensweise an das Thema Wein, geeignet für alle Freunde des deutschen, nachhaltig produzierten Weins – und solche, die es werden wollen.
Ach so, was sonst noch zu sagen wäre: Diese Rezension habe ich auf Anregung des Teams von bloggdeinbuch geschrieben, die „Avantgarde der deutschen Winzer“ ist im Oekom-Verlag erschienen, kostet 24,95 Euro und kann hier bestellt werden.
Riesling statt Kaffee und Dusche
Nach 1000 Plätzen, die man unbedingt gesehen haben muss, bevor man das Zeitliche segnet und zahlreichen weiteren Dingen, die man nicht weniger dringend zu Lebzeiten erledigt haben sollte, sind jetzt die Weine an der Reihe. Genau 111 deutsche Weine sind es, die man getrunken haben muss. Das suggeriert jedenfalls das gleichnamige Buch, das im Emons-Verlag erschienen ist. Ausgesucht hat sie Weinexperte Carsten Henn. Die von ihm ausgewählten Tropfen will Henn als „111 Startpunkte für Entdeckungsreisen“ verstanden wissen. Und kommt damit der Sache schon deutlich näher als es der Titel des Buches suggeriert: 111 Weine, verteilt auf alle zwölf deutschen Anbaugebiete, können nicht mehr sein als ein Einstieg in die Welt des deutschen Weins, von internationalen Tropfen ganz zu schweigen. Allein in der Pfalz gibt es deutlich mehr Weine zu entdecken, über die es sich zu schreiben lohnt. Anregungen, Neues zu entdecken, gibt Henn reichlich: Das Buch ist in zwölf Kapitel gegliedert, wobei jedem deutschen Anbaugebiet ein Kapitel unterschiedlichen Umfangs gewidmet ist. Die Pfalz – gemessen an der Anbaufläche mit rund 23.500 Hektar Weinbergen Deutschlands zweitgrößtes Weinbaugebiet – ist mit 19 Weinen am stärksten vertreten. Die elitär wirkende Fachsprache der Weinexperten sucht man auf den rund 250 Seiten glücklicherweise vergeblich. Statt „Weine mit guter Länge und samtigem Abgang“ gibt es bei Henn mitunter kuriose Anekdoten im Plauderton. Zum Beispiel über den Riesling „HPB“ trocken des Laumersheimer Weinguts Knipser. Laut Henn geht dieser auf einen Speyerer Urologen mit den entsprechenden Initialen zurück, der nach einem extrem säurelastigen Wein gefragt hatte – zunächst nur für sich und seine Freunde. Doch dieses „Urviech“, wie Henn den Riesling nennt, fand nach und nach immer mehr Anhänger, zu denen auch der Autor gehört: „Man will sofort das zweite Glas, fühlt sich gut, genießt die Zitrone, den Pfirsich und den knackgrünen Apfel im Bukett“, schwärmt Henn und liefert den praktischen Nutzen des Getränks gleich nach: „Mit ihm spart man die morgendliche Dusche und den Kaffee.“