Hilfreiche Winzlinge
Von Alexander Sperk
Obwohl bereits seit der Steinzeit Bier gebraut und Wein gekeltert wird, erklärte erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Louis Pasteur, der Vater der modernen Mikrobiologie, Rolle und Funktionsweise der Hefen beim Gärprozess. Hefen sind winzige einzellige Pilze, die sich durch Teilung vermehren. Die Energie dafür liefert ihnen Zucker. „Hefen wandeln die Glucose und Fructose aus dem Most in CO2 und Ethanol um“, erklärt Professor Maren Scharfenberger-Schmeer, Mikrobiologin an der Hochschule Kaiserslautern und am Neustadter Weincampus, vereinfacht einen komplexen chemischen Prozess, der außer Alkohol und CO2 weitere Nebenprodukte hervorbringt. Ist der Zucker weitgehend verbraucht und der Wein damit durchgegoren, sterben die Hefen aufgrund der hohen Ethanolkonzentration und fehlender Nährstoffe ab.
Wilde Hefen im Weinberg
Hefen treten in der Natur überall dort auf, wo es Zuckerlösungen gibt. Natürlich vorkommende Hefen werden auch als „wilde Hefen“ bezeichnet. „,Wilde Hefen’ gibt es im Weinberg genauso wie im Keller“, erläutert die Professorin. Diesen Umstand machten sich die Winzer über Jahrtausende zunutze und überließen diesen „wilden Hefen“ den Gärprozess – der Wein war das Resultat einer spontanen Gärung, an der unterschiedliche Hefegattungen und -stämme zeitlich versetzt beteiligt waren. Die Spontangärung berge aber Risiken, erläutert die Professorin: etwa dass die Gärung nicht in Gang kommt, der Wein nicht durchgärt oder Fehlaromen entwickelt.
Um den Gärprozess besser kontrollieren zu können, wurden im Labor sogenannte Reinzuchthefen entwickelt, die seit den 1960er-Jahren zunächst in Nordamerika und später auch in Europa eingesetzt werden. Die Reinzuchthefen werden durch Auslese und Züchtung gewonnen und gehören vor allem der Gattung Saccharomyces cerevisiae an, die auch bei der Spontangärung den Hauptteil der Gärung übernimmt, wie Scharfenberger-Schmeer erläutert. Dennoch kritisieren vor allem europäische Winzer, dass mithilfe von Reinzuchthefen vergorene Weine oftmals uniform und wenig gebietstypisch ausfallen. Entsprechend setzen Winzer mittlerweile wieder vermehrt auf Spontangärung.
Außer dem Alkoholgehalt spielt die Temperatur für die Arbeit der Hefen eine wichtige Rolle. Je wärmer es ist, desto schneller läuft die Gärung ab. Da beim Gärprozess Wärme entsteht, bestehe die Gefahr einer „stürmischen Gärung“, erläutert die Professorin: Wenn die Hefen zu schnell gären und es zu heiß wird, verflüchtigen sich wichtige Aromastoffe. Daher sei es notwendig, die Temperatur des Mosts zu kontrollieren und gegebenenfalls zu kühlen.
BSA: Die zweite Gärung
Rotweine, aber auch manche Weißweine durchlaufen nach der alkoholischen Gärung noch eine zweite Gärung, die Milchsäuregärung. Man spricht hier von malolaktischer Gärung oder auch Biologischem Säureabbau (BSA). Dabei wandeln Bakterien die Apfelsäure im Wein in Milchsäure um, was den Wein weniger sauer und damit cremiger erscheinen lässt und für ein angenehmeres Mundgefühl sorgt.
Das ist die Kurzform eines Artikels, der am 22. November 2016 in der RHEINPFALZ erschienen ist. Den Artikel in voller Länge gibt es hier.