Weinfehler

Schäden durch die Kirschessigfliege können Weinfehler verursachen.
Schäden, die die Larven der Kirschessigfliege anrichten, können zur Essigsäuregärung führen. (Foto: Martin Hauser Phycus, CC BY 3.0 de,https://commons.wikimedia.org/)

Faule Eier und Lösungsmittel

Von Alexander Sperk

Wenn ein Wein nach faulen Eiern oder Pferdeschweiß riecht und schmeckt, ist vermutlich ein Weinfehler im Spiel. Besonders bei teuren Tropfen kann das sowohl für Winzer als auch für Weintrinker sehr ärgerlich sein. Doch was sind die häufigsten Weinfehler und wie können sie vermieden werden?

„Gerade bei der Prävention von Weinfehlern hat sich in den vergangenen 15 bis 20 Jahren viel getan“, sagt Professor Ulrich Fischer, Leiter des Instituts für Weinbau und Oenologie am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt. Trotz der Fortschritte, die Ulrich Fischer vor allem auf die gute Ausbildung der Winzer sowie die verbesserte Hygiene im Keller zurückführt: Es gibt nach wie vor Fehlnoten, die Verbrauchern den Genuss verderben und Winzern beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden bescheren können.

Weinfehler I: Essigsäuregärung

„Ethanol ist nicht das Ende der biochemischen Prozesskette, sondern er kann weiter mit Energiegewinn zu Essigsäure verarbeitet werden“, sagt Ulrich Fischer. Verantwortlich dafür sind die Essigsäurebakterien und einige wilde Hefen. Weine, die von flüchtiger Säure oder auch Essigsäuregärung betroffen sind, riechen unangenehm nach Lösungsmitteln, wie sie etwa in Nagellackentferner enthalten sind.

Früher sei die Essigsäuregärung vor allem ein Zeichen dafür gewesen, dass im Keller unsauber gearbeitet worden ist, erläutert der Neustadter Professor: „Heute liegt die Gefahr vor allem im Weinberg.“ Verantwortlich dafür sind Schädlinge wie die Kirschessigfliege, die ihre Eier in Trauben vor allem roter Sorten legt und deren Larven das Fruchtfleisch der Beeren fressen und diese dadurch beschädigen. „Dann sind wilden Hefen und Essigsäurebakterien Tür und Tor geöffnet, die schon im Weinberg die alkoholische Gärung und Essigsäuregärung in Gang setzen“, erläutert Ulrich Fischer. Winzern bleibt dann nur noch die Möglichkeit, die befallenen Beeren per Hand herauszuschneiden, ehe die eigentliche Lese beginnt.

Weinfehler II: Brettanomyces

Der Hefepilz Brettanomyces ist vor allem in den heißen Weinbauregionen der größte Schädling, berichtet Ulrich Fischer. Die Hefe lebt in Holzfässern, genauer in den ersten Millimetern der Holzschicht, und bildet flüchtige Phenole. Weine, die „Brett“ haben, weisen Aromen auf, die an Leder, Schweiß oder medizinische Noten erinnern. Die Filtration sei ein geeignetes Mittel, um die Verursacher zu entfernen, bevor der Fehlton auftritt, sagt der Neustadter Professor. Von den Hefen befallene Fässer können mit Ozongas oder schwefeliger Säure desinfiziert werden. Manche Weintrinker empfinden eine leichte „Brett“-Note allerdings auch als interessant. Da sie sich bei der Flaschenlagerung aber verstärkt, sei der alte Spruch „Ein bisschen Brett ist nett“ mit Vorsicht zu genießen, ist der Oenologe überzeugt.

Weinfehler III: Böckser

Weine, die einen Böckser haben oder böckserig sind, riechen nach faulen Eiern. „Böckser sind auf Mangelerscheinungen der Hefen zurückzuführen. Diese nehmen bei der Gärung Schwefel auf. Wenn sie aber zu wenig Aminosäure zur Verfügung haben, scheiden sie Schwefelwasserstoff aus, der nach faulen Eiern stinkt“, erklärt Ulrich Fischer. Wird der Böckser während der Gärung bemerkt, könne dieser durch die Gabe von Gärsalz beseitigt werden. „Er verschwindet dann im Regelfall nach ein oder zwei Tagen“, sagt der Neustadter Oenologe. Problematisch werde es allerdings, wenn der Böckser erst in der Flasche entsteht. Es gibt Hefestämme, die weniger Böckser produzieren als andere. Entsprechend neigten spontanvergorene Weine, bei denen keine unter anderem auf geringe Böckserbildungen selektionierten Hefe-Starterkulturen eingesetzt werden, eher zur Böckserbildung. Aber auch die Spontan-Hefen reagieren positiv auf eine verbesserte Versorgung mit Aminosäuren. „Unter Weinfreunden ist ein kleiner Böckser akzeptiert, normale Verbraucher greifen hingegen eher zu einer anderen Flasche“, sagt Ulrich Fischer.

Weinfehler IV: Korkton

Verantwortlich für den unangenehmen Korkton, der dem Wein einen muffigen Geschmack gibt, sind chlorierte Gerbstoffe wie das Trichloranisol. „Früher wurden Korken durch Chlorbleiche hell gemacht. Dabei wurden die Gerbstoffe des Korkens chloriert und der Wein verdorben. Diese Verfahren sind heute aber längst passé“, sagt der Neustadter Oenologe. Trotz aller Innovationen in der Korkindustrie ist es aber nicht gelungen, Chlorverbindungen komplett aus der Produktionskette zu verbannen, gibt Fischer zu bedenken. Kork sei eben ein Naturprodukt: „Chlor ist in unserer Umwelt, sei es in chloriertem Wasser oder in chlorhaltigem Dünger.“ Der Korkton sei aber seltener geworden, da mittlerweile 60 bis 70 Prozent der Weinflaschen einen Schraubverschluss oder Verschlüsse aus Kunststoff oder Glas hätten: „Billige Korken sind komplett vom Markt verschwunden“, sagt Ulrich Fischer. Zuweilen kommt es aber vor, dass auch Flaschen mit Kunststoff- oder Schraubverschluss einen Korkton aufweisen. Dieser stamme beispielsweise aus renovierten Kellern, in denen Holzbalken freigelegt wurden, die früher mit chlorhaltigen Mitteln behandelt worden waren. „Sollte ein Wein einen Korkschmecker aufweisen“, empfiehlt Ulrich Fischer den Weintrinkern, sollte stets die klassische Gegenprobe gemacht werden: das Öffnen einer zweiten Flasche.

Dies ist eine gekürzte Fassung eines Artikels, der im Juli 2017 in der RHEINPFALZ erschienen ist.